Dr. Sandra Hasslöwer, Heimleiterin des Caritas Pflegezentrums "An der Alten Waage", weiß von den Sorgen einiger Angehöriger, die nicht verstehen, warum Bewohner während des herrschenden Lockdowns immer noch von Angehörigen abgeholt werden dürfen. Sie würde sich selbst mehr Vernunft und Verständnis wünschen, könne aber nur im Rahmen der Vorgaben für die größtmögliche Sicherheit im Pflegezentrum sorgen.
Bisher ist das Caritas Pflegezentrum AN DER ALTEN WAAGE Corona-frei. Foto Ulli Scharrer
Angehörige von Bewohnern des Pflegezentrums hatten sich an die Redaktion gewandt. Sie waren verwundert, dass trotz der akuten Pandemie Bewohner von Angehörigen abgeholt werden können. "Niemand kann kontrollieren, mit wem die Bewohner in dieser Zeit Kontakt haben. Wir haben auch gesehen, dass die Menschen, die ja zur Risikogruppe gehören, dann mit zum Einkaufen genommen werden", erzählt Martin L. (Name geändert), Enkel einer Bewohnerin. "Die jungen Menschen machen alles Mögliche, um die Risikogruppe zu schützen", daher verstehe er nicht, dass so etwas dann möglich sei. Er verstehe, dass sich die Heimleitung an die Vorgaben der Politik halten müsse. "Aber dann sollte die Politik wenigstens während des Lockdowns auch in dieser Richtung handeln." Immerhin handele es sich nur noch um ein paar Wochen, bis wieder etwas mehr Sicherheit durch die kommenden Impfungen möglich sei.
Dr. Sandra Hasslöwer versteht die Sorgen der Angehörigen. Sie selbst wünsche sich ebenfalls mehr Vernunft. "Wir würden selbst gerne viel strenger vorgehen, damit wir die Gemeinschaft besser schützen können." Die Politik schütze aber die Freiheitsrechte der Bewohner streng, daher bleibe nur die Möglichkeit, die Bewohner, die das Heim verlassen, im Anschluss noch engmaschiger zu testen. "Es gibt keine Ausgangssperre für die Bewohner von Seniorenheimen", erklärt auch Markus Wimmer vom Amt für soziale Dienste der Stadt. Zu Besuchszwecken sei der Ausgang erlaubt. Dennoch sei jeder dazu angehalten, vorsichtig zu sein. "Leisten wirklich Großartiges" "Wir unternehmen da wirklich große Kraftanstrengungen, wir haben sogar Mitarbeiter aus anderen Einrichtungen zu uns gebeten, weil wir das sonst alles gar nicht schaffen." Die Pflegekräfte, allen voran die Pandemiebeauftragte der Einrichtung, Nicole Wiesmüller, leisten laut Dr. Sandra Hasslöwer "wirklich Großartiges". Jeden Tag werde aufs Neue geprüft, wo und wie man für noch mehr Sicherheit sorgen könnte. "Ich bin immer wieder voller Respekt und Dankbarkeit für die Arbeit, die die Mitarbeiter da leisten." Dann wiederum Familien zu sehen, die fahrlässig handeln und ihre Verwandten etwa mit zum Einkaufen nehmen, sei schwer mitanzusehen und "eine Respektlosigkeit unseren Bemühungen und unseren Mitarbeitern gegenüber, die dadurch ja auch gefährdet werden". Unvernunft als Respektlosigkeit Sie appelliert daher an alle Angehörigen, die Möglichkeit der Abholung nicht auszureizen und vernünftig umzusetzen. "Man sollte sich immer fragen: Für wen mache ich das eigentlich?" Ist das wirklich im Interesse des Bewohners? "Hier sollte mehr abgewogen werden." Natürlich verstehe sie den Wunsch, die Angehörigen vor allem für das Weihnachtsfest nach Hause zu holen. "Aber jeder muss derzeit Abstriche machen. Und wir werden alles dafür tun, für die Bewohner einen schönen Heiligen Abend zu gestalten."
Dr. Sandra Hasslöwer steht zu hundert Prozent hinter den Richtlinien, die ihre Pandemiebeauftragte unter Berücksichtigung der politischen Vorgaben ausgearbeitet hat. "Gerade kann man es sowieso nicht jedem recht machen", sagt sie. Umso mehr freue sie sich aber über die Angehörigen, die vernünftig seien, die Gefahr erkennen und umsichtig handeln. -sei-
Straubinger Tagblatt 23.12.2020