Wenn ich nächstes Jahr so beieinand bin wie heut, dann fahr ich wieder mit", versichert Helga Greiml (82), als sie mit Freundin Edeltraud Gross (78) am Samstag, 18 Uhr, am Busbahnhof am Hagen nach der Rückkehr vom Sonnenzug aus Bad Kötzting auf Abholung durch die Familie wartet. Sie war schon dabei, als der Sonnenzug tatsächlich noch Zug fuhr, erzählt sie. Viele Male ist sie mitgefahren, früher mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann. Jetzt hat sie zum zweiten Mal Edeltraud Gross für eine Mitfahrt gewonnen, die ebenfalls verwitwet ist. Und brauchte dafür keine große Überredungskunst. "Schön war es bisher überall", sagt Helga Greiml. Und die beiden haben den Tag wie die 110 Teilnehmer der Gemeinschaftsaktion von Caritas und Straubinger Tagblatt - davon jeweils 26 mit Rollstuhl und Rollator - und an die 60 Helfer von der ersten Minute an genossen.Am Nachmittag haben sich Helga Greiml und Edeltraud Gross auf eine Parkbank gesetzt, die Leute beobachtet, das gepflegte Grün um sie herum genossen und ausgiebig geratscht. Ob sie sich in die Sonne gesetzt haben? Da winkt Edeltraud Gross lachend ab, "in den Schatten", in der prallen Sonne sei sie früher oft genug gewesen - bei der Arbeit in der Landwirtschaft. "Einfach mal rauskommen, was anderes sehen, Leute treffen, Kontakt", bringt sie ihre Erwartungen auf den Punkt. Gleich mehrere Volltreffer gelandet Kein Wunder, dass es unisono bei der Rückkehr des Sonnenzugs am Samstag nur zufriedene Gesichter gibt. Rund 40 Teilnehmer kamen aus Einrichtungen, Marienstift, Seniorenzentrum Alte Waage, St. Nikola, Leonhard-Kaiser-Heim Bogen, Seniorenheim Geiselhöring, Barmherzigen Brüdern, Vinzentiushaus und Antoniusheim Münchshöfen.
Der 46. Sonnenzug hat mit seinem Umstieg von Juli auf September so etwas wie einen Volltreffer gelandet. Was für angenehme Temperaturen, vergleicht man mit 2023! Da hatte der Sonnenzug den heißesten Tag des Jahres erwischt.
Zweiter Volltreffer: Ein per Bus binnen einer Stunde erreichbares Ziel.
Vorbei an idyllischen Bayerwald-Panoramen und mit manchem Gesprächsstoff bei den Senioren im Bus, zum Beispiel zum modernen Konzerthaus in Blaibach. "Das habe ich schon mal im Fernsehen gesehen", sagt Helga Greiml. Dazu die Busse der Firma Pfeffer aus Zenting, die Rollstuhlfahrer per Lift bequem zum Einstieg verhelfen. Samt freundlichem Personal. Drei der vier Busfahrer am Samstag gehören zur Familie und alle vier sind den Teilnehmern mit sympathischem Zuspruch begegnet. Gottesdienst in der prächtigen Stadtpfarrkirche Dazu als weitere Zutat eines schönen Ausflugstags Kaiserwetter - weißblauer Bilderbuch-Himmel, nicht mehr heiß, aber mild genug, dass man mit leichter Jacke gerne im Grünen sitzt. Und das haben viele am Nachmittag gemacht: Der Bad Kötztinger Kurpark hat viel zu bieten: Vom Schach mit Großfiguren über Minigolf, Weiher, Springbrunnen, Rosengarten, Hängebrücken und Hängematten, Denkmäler und genug Sitzgelegenheiten mit Ausblick. Nach der Ankunft ist im von Iris Lendzian von der Caritas generalstabsmäßig bedachten Ablauf die einzige kleine Herausforderung insbesondere für Rollstuhlschieber zu meistern, der Weg mit Anstieg zur Stadtpfarrkirche St. Anna. Es war sogar an Reserve-Rollstühle und -rollatoren gedacht. In St. Anna hat Pfarrer Johannes Plank den Gottesdienst zelebriert. Im Mittelpunkt seiner Predigt der Apostel Matthäus, als ehemaliger Zöllner ein Mensch, der von vielen gemieden worden ist. Er habe sich seinen Platz unter den Jüngern Jesu erst erkämpfen müssen. Nach einem für ihn sicher langen Prozess des Hinterfragens, seine gesicherte Existenz zu verlassen, so Plank. Der Gott, den Jesus verkünde, sei einer, der Wege nach vorn öffne. Einer, der verstehe, dass einem im Leben manchmal die Puste ausgehe, auch wenn man gerade im Alter manches Gebrechen hinzunehmen habe. Aber, so Planks Mut machende Botschaft, es gehe um das jeweils eigene Ziel. Jesus vermittle, Du gehörst zu mir, er gehe mit durchs Leben. Damit sei viel gewonnen, es dürfe sich jeder als "erwählt" empfinden, so wie die von ihm geschätzte TV-Serie "The Chosen" es berührend formuliere. D
er anschließende Weg in den Brauerei-Gasthof "Zur Post" ist ein Katzensprung. Ein langjähriger Mitfahrer versichert Caritas-Geschäftsführerin Angelika Schebelle nach dem Mittagessen, "...und der Schweinebraten war der beste, den wir je hatten". Für Vegetarier gibt es nicht weniger gelobte Kürbis-Ravioli. Und am Nachmittag zum Kaffee ein Kuchenbuffet mit hausgemachtem Apfelstrudel, Käsekuchen, Obststreusel und Marmorkuchen. Auf den Tischen im großzügigen, ebenerdig erreichbaren Bankett-Saal Sonnenblumen am Tisch und zügige Bedienung. Faktor Gastlichkeit: Der Brauerei-Gasthof "Zur Post" - volle Punktzahl.
"Alleinunterhalter Heinrich Schmidberger, zur Kaffeezeit engagiert, hat dort mit Akkordeon und Gesang die Herzen der Sonnenzugteilnehmer im Nu erobert. Mit seiner Auswahl an alten Schlagern - "Komm auf das Schiff meiner Träume", "Rote Lippen soll man küssen" - bis zu Evergreens wie "Lady Sunshine and Mr. Moon" und dem Gabalier-Hit "I sing a Liad für di" lockt er sogar die ein oder anderen zum Tanz. Mindestens aber bringt er sie zum Lächeln, Schunkeln, Mitsummen und viel Applaus. Und das bemerkenswerterweise ganz ohne derbe Späße oder abgeschmackte Schwiegermutterwitze. Für Luminitia Frank, Mitarbeiterin des Seniorenheims Geiselhöring, hat Schmidberger mit dem Publikum sogar ein Geburtstagsständchen angestimmt. Sie wurde 65."Komm auf das Schiff meiner Träume" Das Gros der Begleitpersonen sind Caritas-Mitarbeiterinnen. Unter den wenigen Ehrenamtlichen ist Artur Christmann, Verwaltungsrat für Seniorenfragen, der auch diesmal den ganzen Tag eine Rollstuhlfahrerin begleitet.
Die mitgereiste Ärztin Anna Troidl aus dem Klinikum hat immer wieder Kontakt zu den Teilnehmern gesucht und nach dem Rechten gesehen. Sie hatte keinen Notfall zu vermelden. Alle sind gesund und dank entspannten Programms, fürsorglicher Begleiter und stimmiger Infrastruktur - einschließlich Behindertentoiletten - wohlbehalten und pünktlich heimgekommen. Malteser, Stadtbus und Privatabholer haben die Teilnehmer am Hagen erwartet.
Das Caritas-Team um Angelika Schebelle hört von vielen Seiten: "Schön war´s wieder. - Und wo fahrn wir nächstes Jahr hin?"
von Monika Schneider-Stranninger
Straubinger Tagblatt 23.09.2024