Michael Weißmann, seit 1. Dezember Caritasdirektor im Bistum Regensburg, absolvierte vor seinem Studium selbst die Ausbildung zum Krankenpfleger und weiß, wovon er spricht! Privat
Die Caritas Regensburg appelliert an die Politik, die neue einheitliche Ausbildung in der Pflege zu beschließen. Der Diözesan-Caritasverband Regensburg spricht sich eindeutig für die Zusammenführung der verschiedenen Bereiche Alten-, Kinderkranken- und Krankenpflege in einer neuen generalistischen Ausbildung aus. Fragestellungen zu Alter und Krankheit werden zukünftig naturwissenschaftlich, medizinisch und sozialwissenschaftlich betrachtet werden müssen. "Wir alle wollen doch später gut, also menschenwürdig und professionell, gepflegt werden. Das braucht gute Kräfte, in Senioreneinrichtungen ebenso wie in Krankenhäusern", sagte der Regensburger Diözesan-Caritasdirektor Michael Weißmann. Ein einheitlicher Berufsabschluss und eine einheitliche Finanzierung und Bezahlung der Alten- und Krankenpflegekräfte seien deshalb unabdingbar.
Der Caritasverband Regensburg betreibt seit vielen Jahren eine Berufsfachschule für Gesundheits- und Krankenpflege am Caritas-Krankenhaus St. Josef in Regensburg und zwei Berufsfachschulen für Altenpflege in Landshut und Sulzbach-Rosenberg. In Einrichtungen unter dem Dach der Caritas im Bistum Regensburg machen etwa 300 Frauen und Männer, zum Teil auch Quereinsteiger, ihre Ausbildung, um sich für die Alten- oder Krankenpflege zu qualifizieren. "Die Berufsbilder der Alten- und Krankenpflege gleichen sich an, immer mehr ältere, mit mehreren Krankheitsbildern, sowie demenziell Erkrankte werden im Krankenhaus behandelt. Und Pflegekräfte in Altenhilfeeinrichtungen benötigen erweiterte Kompetenz in Krankenpflege und Medizin", so Weißmann. Im Regensburger Caritas-Krankenhaus ist bereits seit einigen Jahren eine Alterstraumatologie etabliert. Kenntnisse auch in der Altenpflege sind dort elementar. Von der Generalistik erwarte sich die Caritas als großer Ausbildungsträger eine sinnvolle Zusammenführung beider Perspektiven.
Mit ihrer Meinung steht die Caritas Regensburg nicht allein. Professor Dr. Michael Bossle, Dekan der Fakultät für Angewandte Gesundheitswissenschaften an der Technischen Hochschule (TH) Deggendorf fordert, die veränderten Entwicklungen in der Gesellschaft wahr und ernst zu nehmen: "Pflege ausschließlich in den Unterschieden der Lebensalter zu denken, ist überholt und noch immer einseitig auf die Zwecke der Versorger, Träger und Pflegeunternehmer bezogen", sagt Bossle in seiner "Moosburger Erklärung" vom April 2016. Pflege finde in der Gegenwart mittlerweile in weitaus mehr Settings statt als nur im Krankenhaus, in der Ambulanz, im Senioren- und Pflegeheim und in den Kinderkliniken. Pflegebedürftige Menschen finde man in jedem Lebensalter, in allen Pflegeumgebungen, im Erwachsenen- und im hohen Alter, in der Kindheit zuhause, in der Institution, der Wohngemeinschaft, beatmet, nicht beatmet oder mit unterschiedlichen hochaufwändigen oder niedrigschwelligen Hilfebedarfen. "Pflege ist demnach mehr als nur Organisation von Pflege in Krankenhaus, Altenheim oder Kinderklinik", so der Professor für Pflegepädagogik.
Ein weiterer positiver Effekt: Über die Generalistik ließe sich die Anbindung an die akademische Ausbildung gut finden. Die Caritas-Berufsfachschule für Altenpflege in Landshut kooperiert bereits mit der TH Deggendorf. "Das ist eine große Aufwertung für unsere Azubis", sagte Schulleiterin Sabine Wurzer. Die Generalistik würde die Attraktivität der Altenpflege als akademisches Angebot erhöhen. Und sie würde außerdem zu einer einheitlichen Anerkennung der Pflegeabschlüsse in Europa führen.
In der Praxis habe sich laut Caritasverband die Durchlässigkeit der drei Berufsbilder bereits bewährt. Einige unserer besten Kräfte haben den Weg in die Altenhilfe erst spät gefunden, nach einer Ausbildung in der Kranken- oder Kinderkrankenpflege. Die Caritas erhofft sich dadurch neuen Schwung für die Altenpflege. "Wir sind überzeugt, dass sich künftig mehr Menschen gezielt für die Altenpflege entscheiden, weil diese dann schon in der Ausbildung mit der Kranken- und Kinderkrankenpflege gleichgestellt wird", so Caritasdirektor Weißmann. Berufsbiografien verlaufen heutzutage nicht mehr linear. Für einen Krankenpfleger könne das Arbeiten in der Altenpflege einmal interessant werden und umgekehrt.
Natürlich sind die organisatorischen Herausforderungen bei Veränderungen in der Ausbildung und den Praxiseinsätzen zu meistern. Dafür sind ausreichende Übergangsfristen und pragmatische Lösungen erforderlich. Der Diözesan-Caritasverband ist mit seinen Einrichtungen bereit, seinen Teil beizutragen. Denn für die Gesellschaft müsse es nur dieses Ziel geben: Gute Pflege braucht qualifiziertes Personal – im Krankenhaus, im Alten- und Pflegeheim und im ambulanten Pflegedienst!
ZUSATZ-INFOS
Die Generalistische Pflegeausbildung
Die zukünftige Pflegeausbildung hebt die bisherige Trennung der Ausbildungsgänge nach Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege sowie Gesundheits- und Kinderkrankenpflege vollständig auf. Die Ausbildung soll zu einer generalistischen, modularisierten und zum allgemeinen Bildungssystem durchlässigen Ausbildung neu entwickelt werden. Sie schließt mit einer Berufsbezeichnung ab, die staatlich anerkannt ist und den direkten beruflichen Einstieg in alle Tätigkeitsfelder des Gesundheits- und Pflegewesens ermöglicht. Eine Spezialisierung ist nicht Bestandteil der Grundausbildung, sondern erfolgt nach Abschluss des ersten generalistischen Ausbildungsabschlusses.
Bundesgesetzlich geregelte Ausbildung
Die Pflegeausbildung wird bundesgesetzlich geregelt, und gewährleistet so eine bundesweit einheitliche Ausbildung. Dies gilt auch für Ausbildungsgänge unterhalb der Pflegefachkraftausbildung (Assistenz).
Europarechtlich anerkannter Berufsabschluss
Die Ausbildung entspricht den europarechtlichen Anforderungen der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (2013/55/EU) und sichert die automatische Anerkennung des Berufsabschlusses in den Mitgliedsstaaten der EU.
Ausbildung mit Qualität
Die zukünftige Ausbildung entspricht den Anforderungen einer anspruchsvollen und komplexen Pflege. Sie nutzt die weiterzuentwickelnde pflegewissenschaftliche Expertise sowie die bisherigen qualitätssichernden Elemente wie eine systematische Verbindung zwischen dem theoretischen und praktischen Ausbildungsbereich. Lehrende verfügen über Kompetenzen, die zur eigenverantwortlichen Steuerung von Bildungsprozessen sowie zur Bewältigung neuer komplexer Aufgaben durch wissenschaftliche und anwendungsbezogene Expertise befähigen.
Ausbildung mit Perspektive
Die Pflegeausbildung eröffnet allen geeigneten Interessenten Bildungswege, die ihnen einen Zugang zur beruflichen Pflege ermöglichen. Es sind Regelungen zu schaffen, die eine systemische Durchlässigkeit von der Assistenz bis zur akademisch gebildeten Pflegekraft ermöglichen. Um individuelle Karrierewege zu eröffnen, müssen geeignete Verfahren zur Feststellung und Anerkennung außerhalb der durch die allgemeinbildenden Abschlüsse erworbenen Kompetenzen entwickelt und verbindlich geregelt werden.
Gesicherte Finanzierung
Die Ausbildung wird bundeseinheitlich, stabil und verlässlich finanziert. Sie ermöglicht den ausbildenden Trägern die Ausgestaltung und Entwicklung einer guten Ausbildungsqualität. Vorbild für die Finanzierung der generalistischen Ausbildung ist §17a des KHG. Alle Kostenträger im Gesundheits- und Pflegebereich (Krankenversicherung / Pflegeversicherung) sowie die Länder sind an der Finanzierung der Ausbildungskosten zu beteiligen.