Kreisrat Wolfgang Frank, Stadträte Regine Langer-Huber und Peter Mittermeier, Caritas-Geschäftsführer Norbert Scheidler, Stadtrat Stephan Weckmann, Pflegedienstleiterin Nicole Wiesmüller und Asylberaterin Julia Liebl.Straubinger Tagblatt
"Ich war erst skeptisch", sagt Wolfgang Frank, "aber ich hab hundertprozentig umgedacht und für den Antrag gestimmt", und das ist ein Moment, in dem Caritas-Chef Norbert Scheidler sehr zufrieden schaut, weil er weiß, dass er etwas erreicht hat. Wolfgang Frank ist Bürgermeister von Leiblfing und Kreisrat, und in letzterer Eigenschaft hat er sich auf ein Caritas-Experiment eingelassen. Frank hat beim "Rollentausch" der Caritas mitgemacht.
Der Rollentausch zwingt Politiker zu einem Seitenwechsel. Wer mitmacht, findet sich für knapp einen Tag wieder in einer sozialen Einrichtung der Caritas und er erlebt, wie die Realität dort wirklich ist. "Es geht darum, dass Politiker die andere Seite tatsächlich erleben", sagt Norbert Scheidler, "damit sie dann wirklich verantwortungsvoll Entscheidungen treffen." Im Fall von Wolfgang Frank ist das wirklich gelungen.
Frank war in der Angehörigen-Beratung bei Klaus Aschenbrenner. Er berät Angehörige, die plötzlich einen Pflegefall in der Familie haben und überfordert sind. Es ist ein harter Job, an die 1000 Fälle hat Aschenbrenner im Jahr, ganz allein. Die Caritas hat im Kreistag Hilfsmittel beantragt für wenigstens eine Halbtagsstelle zusätzlich. Wolfgang Frank hat das erst für nicht notwendig gehalten, denn es gibt ja auch die Beratung durch die Pflegekassen, und die Pflegekassen sind der Meinung, dass bei ihnen die Beratung sehr gut aufgehoben ist. Beim Rollentausch hat Frank gesehen: Gut aufgehoben? Stimmt nicht.
"Ich hab erlebt, wie Angehörige schlechter gestellt gewesen wären, wenn sie sich auf die Pflegedienst-Beratung verlassen hätten", sagt Wolfgang Frank am Dienstagnachmittag beim Rollentausch-Bilanzgespräch im Caritas-Zentrum, "es braucht einen neutralen Berater, der das macht." Er hat im Kreistag mit dafür gesorgt, dass der Antrag auf die Halbtagsstelle genehmigt wird und die Art, wie er davon erzählt, lässt spüren, dass ihm das eine tiefe Zufriedenheit gibt. Er hat, statt bürokratisch Kosten zu sparen, etwas Sinnvolles getan.
So geht es allen
So geht es allen, die am Tisch im Caritas-Zentrum sitzen und beim Rollentausch waren. Stadträtin Dr. Regine Langer-Huber war im Kinderhort hier im Zentrum, sie hat einheimische Kinder und solche mit Migrationshintergrund und Flüchtlingskinder erlebt, mit ihnen Hausaufgaben gemacht und gesprochen. "Ich bin froh", sagt sie, "dass ich das gemacht hab, ich hab viel dazugelernt." Peter Mittermeier, der CSU-Fraktionschef, war bei Julia Liebl in der Asyl- und Migrationsberatung. Er war in einem Integrationskurs in einer Sprachenschule in der Bahnhofstraße, von der er bisher nicht gewusst hat, dass sie überhaupt existiert. Er hat mit den erwachsenen Schülern dort gesprochen und er hat erlebt, welche Arbeit Julia Liebl leistet. Dass die Caritas ihn zu ihr geschickt hat, hat einen Grund. "Es gibt Diskussionen, was wir mit den Asylberatungsstellen machen sollen", erklärt Norbert Scheidler, "jetzt, wo der große Zustrom weg ist. Wir sind der Meinung, der Freistaat soll diese Stellen umwandeln in Migrationsberater." Mit Mittermeiers Unterstützung wird er nun rechnen können: "Den Erfahrungsschatz von der Frau Liebl darf man nicht gehen lassen." Und dann ist da noch Stephan Weckmann, FW-Stadtrat und mit inzwischen drei Teilnahmen am Rollentausch der Rekordhalter. Er war diesmal im neuen Pflegezentrum an der Alten Waage und sagt: "Es ist mir noch tagelang im Kopf rumgegangen, was ich da erlebt hab und was da geleistet wird." In seinem Fall war das Ziel Imagewerbung für die Pflege.
300 Personen hat die Caritas angeschrieben zu dieser Aktion, sechs haben in diesem Jahr mitgemacht, neben den vier noch MdB Alois Rainer und MdL Hans Ritt. "Ich will nicht bewerten, ob das viel oder wenig ist", sagt Norbert Scheidler. "Aber ich hoffe, dass das, was die Teilnehmer sagen, vielleicht zu einer höheren Quote führt."
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