Der bayerische Landesverband katholischer Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfen (LVkE) und die katholische Jugendsozialarbeit (KJS) Bayern warnen davor, bewährte Standards in der Jugendhilfe für junge Flüchtlinge abzusenken. Ein entsprechendes Schreiben haben die beiden Fachverbände jüngst an Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer auf den Weg gebracht, nachdem von politischer Seite immer wieder die Notwendigkeit der bewährten Qualitäts-Standards in der Arbeit mit jungen Flüchtlingen in Zweifel gezogen wird.
"Die katholisch getragenen Einrichtungen der Erziehungshilfen und der Jugendsozialarbeit in Bayern setzen sich seit geraumer Zeit – und besonders, seit der Zuzug unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge so enorm zugenommen hat – intensiv für junge Menschen mit Fluchtgeschichte ein", so LVkE und KJS. Die katholischen Jugendhilfeträger hätten für die jungen Leute landesweit viele qualifizierte Angebote zur Unterbringung und Versorgung mit angemessener und notwendiger sozialpädagogischer Betreuung und Begleitung ausgebaut oder geschaffen – und dabei erhebliche Investitionen ohne staatliche Hilfe getätigt. "Unser großes Engagement, die damit verbundene Kompetenz und vor allem der nachweisbare Erfolg dieser Maßnahmen sind von den Jugendämtern in ganz Bayern ebenso anerkannt wie vom für die landesweite Steuerung verantwortlichen bayerischen Arbeits- und Sozialministerium", betonen der LVkE-Vorsitzende Michael Eibl und der KJS-Vorsitzende Axel Möller.
Besorgt zeigen sich die Experten konkret über einen Beschluss der Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs mit Bundeskanzlerin Merkel aus dem vergangenen April sowie Forderungen zu Änderungen des SGB VIII, die auch von Mitgliedern der Bayerischen Staatsregierung erhoben wurden – und die in Richtung Standard-Absenkung weisen.
Die spezifischen Bedarfe unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge gehen laut Eibl und Möller über die Integration durch Spracherwerb und Ausbildungsförderung weit hinaus. Das Jugendhilfesystem biete "Unterstützungsmöglichkeiten, die eine passgenaue Begleitung in Selbständigkeit entsprechend der spezifischen Bedarfe ermöglichen und nur so abrupte Hilfe- und Ausbildungsabbrüche verhindern können. Es sind die gleichen flexiblen Instrumente der sozialpädagogischen Arbeit im Rahmen des SGB VIII, die bei Kindern und Jugendlichen unabhängig von den Fluchterfahrungen zum Erfolg und somit einer nachhaltigen gesellschaftlichen Teilhabe und Zukunftsperspektive führen".
Ein Sonderleistungsrecht für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge innerhalb oder außerhalb des SGB VIII sei daher nicht zielführend und verschiebe lediglich Kosten und Verantwortlichkeiten. Hilfen für junge Volljährige müssten zudem weiterhin vollumfänglich möglich sein. Sie seien essentiell, um die bereits geleisteten Erfolge von Schule und Jugendhilfe abzusichern und eine gelingende und nachhaltige Integration zu gewährleisten. Viele Hilfen würden bereits jetzt mit Erreichen der Volljährigkeit zu schnell beendet. Auch seien unbegleitete minderjährige Flüchtlinge besonders verletzlich und bräuchten Schutz vor Ausbeutung und Bedrohungen.
Dass es kurzsichtig wäre, die geltenden Standards in der Jugendhilfe abzusenken, die neben der Qualität der sozialpädagogischen Arbeit zum Beispiel auch angemessene Personalschlüssel und geeignete Raum-Größen sowie maximale Raum-Belegungen vorsehen, betont auch das Referat Jugendhilfe im Landes-Caritasverband: "Wer jetzt versucht, bei den bewährten Standards Kosten zu sparen, riskiert, dass Integration später weniger gut gelingt. Und gescheiterte Integration kostet letztlich viel mehr als dem Bedarf angemessene Jugendhilfe", so LCV-Referent und KJS-Geschäftsführer Michael Kroll.
Dann nämlich, wenn junge Flüchtlinge später in Arbeits- oder Wohnungslosigkeit abrutschen und auf Fürsorge angewiesen sind, weil die Chancen rechtzeitiger und bedarfsgerechter Jugendhilfe nicht oder nicht mehr ergriffen wurden.