Birgit Glaser ist dort Ansprechpartnerin rund ums Thema "Kur". Sie bestätigt: "Viele Familien sind am Anschlag." Im Interview erlaubt sie einen Einblick in ihre Arbeit und zeigt auf, wie vor allem Mütter dem zermürbenden Kreislauf aus Kinderbetreuung, Partnerschaft, Beruf und Haushalt entkommen können.
Frau Glaser, die Familien haben ein hartes Jahr hinter sich. Wie beeinflusst das Ihre Tätigkeit?
Birgit Glaser: Für die Familien hat sich seit dem ersten Lockdown vieles verändert. Neben Job, Kindererziehung und Haushalt hatten sie mit zahlreichen Herausforderungen zu kämpfen. Aber auch Kurzarbeit und finanzielle Sorgen machen vielen Eltern zu schaffen. Besonders die Mütter sind an ihre Grenze geraten. Durch die Mehrfachbelastung entstehen gesundheitliche Probleme wie Schlafstörungen, Rückenschmerzen und anhaltende Erschöpfung. Leider sind durch die Pandemie alte Rollenbilder wieder zum Tragen gekommen. Viele Familien sind am Anschlag.
Wie hat sich Corona auf den Betrieb in den Kurhäusern ausgewirkt?
Glaser: Im Frühjahr 2020 mussten die Kureinrichtungen erst einmal ganz schließen. In Bayern waren sie größtenteils seit August 2020 wieder geöffnet, jedoch unter strengen Hygienekonzepten und teils mit reduzierter Kapazität, wie zum Beispiel kleinere Therapiegruppen. Die Sicherheit steht an erster Stelle. Viele Kliniken kämpfen mit der wirtschaftlichen Situation. Wir hoffen, dass sie langfristig noch da sind, um den Müttern ausreichend Plätze anzubieten.
Landen nun besonders viele Kuranträge auf Ihrem Schreibtisch?
Glaser: Ja, ganz viele Mütter sind kurbedürftig. Hinzu kommt, dass letztes Jahr viele Betroffene ihre Maßnahmen abgesagt haben. Durch Homeschooling, Homeoffice und die Betreuung der Kita-Kinder hatten sie das Gefühl, jetzt nicht einfach auf Kur gehen zu können. Ich werde zu Hause gebraucht, hat man da in den Gesprächen oft gehört. Viele haben die benötigten Kuren rausgeschoben und das macht sich jetzt in den Beratungsgesprächen bemerkbar. Die Frauen sind am Ende ihrer Kräfte, da geht nichts mehr. Wenn keine Großeltern da sind, die mithelfen, oder die Frauen alleinerziehend sind, ist es besonders akut.
Viele Betroffene haben Angst vor der Antragstellung. Was genau kommt da auf einen zu?
Glaser: Am besten lässt man sich vor der Antragstellung individuell beraten. Zusammen wird die konkrete Situation besprochen und es kann geklärt werden, welche Maßnahme passend ist. Das kann zum Beispiel eine Mutter-Kind-Kur sein. Dabei handelt es sich um eine stationäre Vorsorgemaßnahme, die auf Basis einer medizinischen Verordnung bei der Krankenkasse beantragt wird. Oder eine Reha-Maßnahme, bei der es um die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit geht. Diese wiederum muss bei der Deutschen Rentenversicherung beantragt werden. Es gibt auch reine Mütterkuren oder Kuren für pflegende Angehörige. Eine Beratung ist also auf jeden Fall sinnvoll.
Können auch Väter eine Kur beantragen?
Glaser: Ja, auch kurbedürftige Väter, die in die Familienverantwortung eingebunden sind, oder auch alleinerziehende Väter können eine Vater-Kind-Kur beantragen. Aber meistens sind es doch die Frauen, die in die Beratung kommen.
Wo gibt es dann die medizinische Verordnung?
Glaser: Da ist zum Beispiel der Hausarzt der richtige Ansprechpartner. In der Beratung werden die ersten Weichen gestellt. Danach braucht es eine ärztliche Verordnung, auf deren Grundlage der Kurantrag gestellt werden kann. Auch wenn einem die Kurklinik zugeteilt wird, gibt es doch ein Wahlrecht. Die Beratungsstellen arbeiten mit den Kliniken des Müttergenesungswerks zusammen, die allesamt einen hohen Qualitätsstandard vorweisen und genau auf die Bedürfnisse der Frauen zugeschnitten sind. Zusammen mit der Frau suchen wir eine passende Klinik aus. Das Gespräch ist natürlich vertraulich.
Wie oft kommt es zu Ablehnungsbescheiden?
Glaser: Das kommt immer wieder mal vor. Aber wir sind natürlich bei einem Widerspruch behilflich.
Wie können Sie noch helfen?
Glaser: Der Caritasverband verfügt über ein breit gefächertes Beratungs- und Hilfsangebot, auf das wir zurückgreifen können. Es ist auch möglich, an externe Fachberatungsstellen zu vermitteln. Nicht zuletzt bieten die Krankenkassen oft sehr gute Angebote im Vorsorgebereich.
Der Kuraufenthalt wird bezahlt, dennoch fallen gewisse Kosten für Ausstattung und Eigenanteil an. Gibt es Zuschüsse für bedürftige Familien?
Glaser: Ja, die gibt es. Der Ortsausschuss des Müttergenesungswerks sammelt jedes Jahr Spenden für diesen Zweck. Der Antrag kann in der Beratungsstelle gestellt werden.
Interview: Karola Decker
Straubinger Tagblatt Montag, 22.06.2021
Kontakt :
Birgit Glaser
Beratungsstelle für Familiengesundheit und Müttergenesung
-Kuren-
Caritasverband Straubing-Bogen e.V.
Obere Bachstraße 12, 94315 Straubing
Tel: 09421/991217