Als Voraussetzung für die Öffnung war zuvor ein Hygienekonzept erarbeitet worden, das die Senioren vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützen soll. Schon sehr langweilig ist es zu Hause gewesen, erzählt Theresia N. Sie ist froh, dass sie nach der fast neunwöchigen Schließung endlich wieder die Tagespflege besuchen kann. "Ich lebe zwar bei meiner Tochter im Haus, aber die jungen Leute haben auch keine Zeit, sich ständig mit einem zu beschäftigen", sagt die 88-Jährige. "Außerdem ist mir meine Selbstständigkeit wichtig." "Es war richtig, jetzt wieder aufzusperren" Von Dienstag bis Freitag besucht Theresia N. die Tagespflege. Zum Schutz der Senioren sei die Schließung Mitte März notwendig gewesen, sagt Pflegefachkraft Angelika Schebelle. "Jetzt war es aber auch richtig, wieder aufzusperren." Anrufe der Angehörigen, die wissen wollten, wann die Tagespflege wieder aufmacht, hätten von Woche zu Woche zugenommen. "Viele Angehörige waren im Homeoffice und müssen jetzt wieder ganz normal in die Arbeit gehen." Es gibt aber auch Senioren, die aus Sicherheitsgründen lieber noch zu Hause bleiben, beispielsweise weil sie wegen einer Lungenkrankheit zu den Hochrisikopatienten gehören.
Im Juni 2018 wurde die Tagespflege Niederwinkling eröffnet. Gebaut hat die Einrichtung in der Mitte Niederwinklings das Kommunalunternehmen Niederwinkling, das die Räume an die Caritas Straubing-Bogen vermietet. Der moderne Bau erleichtert eine Umsetzung des durch Corona erforderlichen Hygienekonzepts. "Die großen Räume mit Fensterfronten machen es jetzt gut möglich, die Abstände einzuhalten und die Räume regelmäßig durchzulüften", sagt Pflegefachkraft Angelika Schebelle. "Der Alltag der Senioren muss strukturiert werden" Die Umsetzung des Hygienekonzepts zum Schutz vor einer Infektion mit dem Coronavirus erfordere eine große Sorgfalt der Betreuer, der geregelte Tagesablauf habe sich aber nicht verändert. Um 7.30 bis 8 Uhr werden die Senioren entweder von ihren Angehörigen oder von einem Fahrdienst in die Einrichtung gebracht. Wenn alle da sind, wird gemeinsam gefrühstückt. Damit der Alltag für die Senioren eine Struktur hat, sind regelmäßig wiederkehrende Elemente wichtig, wie die tägliche Zeitungslektüre. "Entweder wir lesen den Senioren vor oder sie lesen selbst und wir sprechen darüber", sagt Angelika Schebelle. Pflegefachkraft Christa Primbs zieht gerade mit Seniorin Anna B. einen Wollfaden als Aufhänger durch die Löcher in den neuen Namensschildern für die Garderobe. Jedes Schild ziert ein anderes Motiv. "Frau B. hat sich für ein Bild mit weißen Rosen entschieden", erzählt Christa Primbs. Gegenüber von Anna B. sitzt Anton M. und puzzelt. Im Laufe des Vormittags werden gemeinsam Spiele gemacht, Musik gehört. "Wenn jemand aber einfach mal nichts tun will, ist das auch in Ordnung", sagt Christa Primbs. Am späten Vormittag kocht eine Hauswirtschafterin das Mittagessen, auch hier werden die Senioren eingebunden, schneiden Gemüse oder schälen Kartoffeln. Nach dem Essen können sich die Senioren eine Stunde hinlegen und ruhen. Senioren können auch auf der Terrasse sitzen Mit der Wohngemeinschaft für Senioren teilt sich die Tagespflege eine Terrasse, auf der die Senioren bei schönem Wetter sitzen können. Auch ein Hochbeet steht zur Verfügung, in dem die Senioren etwas einpflanzen und später gießen können. Festes Ritual am Nachmittag ist der gemeinsame Nachmittagskaffee mit Kuchen. "Selbst gebacken", verrät Theresia N. Um 16.30 Uhr werden die Senioren wieder abgeholt oder mit dem Bus nach Hause gebracht.
Obwohl die Struktur und feste Rituale aufrechterhalten werden, ist Corona auch in der Tagespflege ständig präsent: An der Wand hinter dem Esstisch kleben Blätter, die mit Bildern und Beschreibung auf die geltenden Hygieneregeln wie regelmäßiges Lüften, Abstand halten und in die Armbeuge niesen verweisen. "Diese Regeln besprechen wir regelmäßig mit den Senioren", sagt Angelika Schebelle. Bei den Senioren sei Corona schon ein Thema. "Viele Senioren sind genervt vom Mundschutz und den Hygieneregeln, aber es hilft nichts, diese müssen eingehalten werden." Dass alle froh waren, wieder in die Tagespflege kommen zu können, haben die Pflegekräfte schon bemerkt. "Normalerweise hätten wir sie umarmt, in Zeiten von Corona ist das nicht möglich", sagt Christa Primbs. Eine Rückenmassage mit einem Massageball muss eine Umarmung ersetzen. Auch können einige bei den Senioren beliebte Spiele wegen der Abstandsregeln nicht gespielt werden, wie Mensch ärgere Dich nicht oder Kartenspiele. Auch ein Tänzchen mit einer Pflegerin, normalerweise eine willkommene Abwechslung im Alltag, ist derzeit nicht möglich. Stattdessen werden CDs mit alten Schlagern aufgelegt oder Spiele gespielt, die mit Abstand gut möglich sind, sagt Christa Primbs: "Wie Stadt, Land, Fluss oder Bingo." Bei Bingo müssen die Senioren eine Zahlenreihe mit Steinen auslegen. "Wir achten darauf, dass jeder seine eigenen Steine hat.
Maiandacht auf Terrasse und Stuhlgymnastik
Doch auch besondere Aktivitäten, die den strukturierten Alltag auflockern, sind mit dem Hygiene- und Abstandsprinzip durchaus noch möglich. "Kürzlich hat eine Pastoralassistentin auf der Terrasse eine Maiandacht gehalten und eine Koordinationstrainerin hat Stuhlgymnastik mit Musik angeboten", erzählt Angelika Schebelle. Das Thema Corona und die damit einhergehenden Hygieneregeln werden sie und ihre Kollegin noch länger begleiten, doch mit den geltenden Regeln sei auch eine Tagespflege gut umsetzbar. Sie und Christa Primbs sind sich sicher: "Irgendwann kommt auch wieder die Zeit, in der wir mit den Fitten wieder tanzen und alle Senioren umarmen können."
Von Alexandra Beck, Straubinger Tagblatt 04.06.2020
Info:
Die Tagespflege hat noch freie Plätze und ist unter Telefon 09962/9509767 zu erreichen.