Das muss an den alten Leitungen liegen" - "Mein Zähler geht falsch" - "Jemand zapft bei mir Strom." Diese drei Aussagen bekommen Michael Kraus und Ralf Zierer vom Projekt Stromspar-Check in Trägerschaft der Caritas sehr oft zu hören, wenn sie in privaten Haushalten hohen Stromrechnungen auf den Grund gehen.
Da seit dem vergangenen Jahr vermehrt von Zuhause aus gearbeitet wird, könnten ihnen diese Sätze bald etwas öfter zu Ohren kommen. "Meist ist es fünf vor Zwölf, wenn wir zum Einsatz kommen", sagt Kraus, denn nicht selten droht wegen unbezahlter Rechnungen eine Stromsperrung.
"Lag die monatliche Stromrechnung eines Drei-Personen-Haushalts im Jahr 2000 noch bei 40,66 Euro, so ist sie im Jahr 2018 auf 85,85 Euro gestiegen", sagt Jürgen Königstein, Regionalkoordinator des Caritasverbands Straubing-Bogen. "Deswegen muss man etwas machen, um Menschen vor der Preissteigerung zu schützen.
Ralf Zierer, Stromsparhelfer Foto: Simona Cukermann
Kraus Michael , Stromsparhelfer Foto: Simona Cukermann
928 Haushalte in neun Jahren beraten
Seit zwölf Jahren sind die beiden Straubinger die Frontmänner in dem vom Bundesumweltministerium angestoßenen Projekt, das Stadt und Landkreis sowie die Stadtwerke Straubing und Bogen und die Caritas mitfinanzieren. Beraten werden Bezieher von Hartz IV, Sozialhilfe und Grundsicherung sowie alle Einkommen unter der Pfändungsfreigrenze. Die beträgt bei Einzelpersonen aktuell 1 179,59 Euro. Zudem haben die Berater festgestellt, dass sich zunehmend Rentner in ihren Klientel befinden. Altersarmut sei deutlich spürbar. Dabei wissen sie, wovon sie sprechen, denn sie suchen ihre Klienten in den Wohnungen auf und sehen, wie sie leben. Viele wohnen angesichts der Wohnungsknappheit auch in der Stadt in Räumen, die unter heutigem Standard sind. Teils sind sie nur mit elektrischen Heizungen beheizbar und manchmal sind Dichtungen an Fenstern und Türen nicht die Neuesten. Das treibt die Rechnungen in die Höhe. "Wenn wir die Menschen besuchen, haben wir kostenfreie Energie- und Wärmesoforthilfepakete dabei", sagt Kraus. Dazu gehören beispielsweise Energiesparlampen, Abdichtungen für Türen und Fenster sowie Heizungsclips, damit die Heizung nicht zufällig hochgedreht wird. "Warmwasserboiler und Gefrierschrank sind immer in Betrieb, deswegen sollten sie richtig eingestellt sein", sagt Zierer.. Auf die richtige Temperatur, sonst wird der Verbrauch zu hoch. Ein weiteres Problem sei der Fernseher. "Vor allem ältere Menschen lassen ihn lange Zeit nebenher laufen und das kostet Geld." Auch die Gute-Laune-Musik, die beim Aufräumen gehört wird, könnte in der Abrechnung eher in schlechte Stimmung umschlagen. Viele können es eben nicht einschätzen, wie hoch der Verbrauch eines Gerätes ist, das täglich läuft. Es sei auch ratsam, den Standby-Knopf auszuknipsen, denn manche elektrische Geräte haben das sogenannte Schein-Aus. "Radio und Garagentor verbrauchen meist Energie, selbst wenn sie gerade nicht aktiv genutzt werden", so Zierer. Projekt könnte in die Verlängerung gehen "Wenn wir zu den Leuten kommen, sind sie frustriert und suchen die Schuld erstmal bei anderen", sagt Kraus. Deswegen ist es den beiden wichtig, die falsche Handhabung im Haushalt aufzuzeigen.
"Daran sind auch die Stadtwerke interessiert, denn es ist wichtig, Strom sinnvoll zu nutzen", sagt Martin Ritter, Geschäftsführer der Stadtwerke. Man sei immer bemüht, einen Mehrwert und Effizienz für die Region zu bewirken. "Jede Kilowattstunde (kWh), die man einspart, ist ein Gewinn. "In der Stadt wurden in den vergangenen neun Jahren insgesamt 982 Haushalte beraten. Dabei hat man 4 815 Soforthilfen eingebaut, 887 073 Euro langfristig eingespart und den CO2-Ausstoß um 125 Tonnen langfristig reduziert. Dadurch ergibt sich eine Entlastung von 85 510 Euro für Landkreis und Kommune. Zudem sind Mitarbeiter des Stromspar-Checks bemüht, Klimaschutz im Alltag zu vermitteln. So wird nebenbei auch zu Abfallvermeidung, Leitungswasser als Trinkwasser, Abfalltrennung, Wiederverwertung und Ernährung beraten.
Fraglich bleibt allerdings, ob das Projekt so weitergeführt werden kann. "Projekte haben ein befristetes Zeitfenster der Förderung", sagt MdB Alois Rainer. Er macht Hoffnung, dass das Projekt in die Verlängerung gehen darf. "Jedoch vielleicht in veränderten Nuancen.
"Info"
An einem Stromspar-Check Interessierte können beim Caritasverband Informationen unter der Mail stromsparcheck@caritas-straubing.de einholen oder Telefon unter 09421/991259. Stromspar-Tipps gibt es auch in einer App unter steckys-spartipps.de.
Von Simona Cukerman
Straubinger Tagblatt 16.06.2021